
Gestern Abend durfte ich einem besonderen Vortrag lauschen: Waltraud Muß, langjährige Wasserwirtschaftlerin aus Plauen, sprach im Lesesaal des Arboretums über die Geschichte der Wasserversorgung in unserer Stadt. Was nach einem trockenen Thema klingt, entpuppte sich schnell als faszinierender Streifzug durch Technik, Zeitgeschichte – und ein ganzes Berufsleben.
Ein Leben fürs Wasser
Zu Beginn stellte sich Waltraud Muß persönlich vor. Sie hat in Magdeburg Umweltschutz mit Schwerpunkt Wasserwirtschaft studiert – zu einer Zeit, als sich das Thema langsam seinen Weg in den öffentlichen Fokus bahnte. „Nach dem Studium sind viele meiner Kommilitonen nach Berlin gegangen – nach Hellersdorf, wo damals neue Wohngebiete aus dem Boden schossen“, erzählte sie. Sie selbst zog es jedoch bald wieder in die Heimat: 1991 kehrte sie nach Plauen zurück, wo sie beim Zweckverband Wasser und Abwasser Vogtland einstieg.
Was folgte, war eine beeindruckende Laufbahn: von der Tätigkeit im technologischen Bereich über die Funktion als Technologin in der Abwasserbehandlung bis hin zur technischen Leiterin, die sie von 2001 bis zu ihrem Ruhestand im Jahr 2022 bekleidete. Drei Jahrzehnte im Dienst des Wassers – und der Region.
Geschichte zum Anfassen
Im Zentrum des Abends stand die Frage: Wie hat sich die Wasserversorgung in Plauen entwickelt? Waltraud Muß nahm uns mit auf eine Zeitreise – von den frühen, oft provisorischen Lösungen der Wasserversorgung bis hin zur modernen, technisch hochentwickelten Infrastruktur von heute. Sie zeigte, wie sehr sich unsere Ansprüche verändert haben: an Wasserqualität, Umweltschutz und den verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen.
Wasserversorgung in Plauen – ein kurzer historischer Überblick
Die Geschichte der Wasserversorgung in Plauen reicht bis ins 13. Jahrhundert zurück. Schon damals existierten erste Leitungen, die das Schloss mit Wasser versorgten. Eine dieser alten Schlossleitungen endete an einem Brunnen, der nach dem Ersten Weltkrieg in ein Kriegerdenkmal umgestaltet und 1969 restauriert wurde. Bemühungen, die historischen Leitungen unter Denkmalschutz zu stellen, zeigen das Interesse an diesem technischen Erbe.
Im Zweiten Weltkrieg wurden Teile des Leitungssystems zerstört. Überschwemmungen waren die Folge, bis man das Wasser in einen nahegelegenen Kanal umleitete. Seitdem fließt das Wasser des alten Stollensystems in das Kanalnetz des Zweckverbandes.
Mit dem industriellen Aufschwung im 19. Jahrhundert stieg der Wasserbedarf stark. 1850 wurde der Syratalspeicher errichtet, gespeist durch verschiedene Quellen. Um Druck aufzubauen, setzte man auf Hochlage-Wasserkästen. 1865 folgte eine weitere Quelle im Nesbachtal, die über Brunnen, Hydranten und Privatanschlüsse Wasser in die Stadt brachte – für die damalige Zeit sehr fortschrittlich.
Im 20. Jahrhundert wurde das System weiter ausgebaut. Der Bau der Talsperre Werda begann 1904, sie ging 1909 in Betrieb und sicherte eine zuverlässige Versorgung. Hochbehälter sorgten für gleichmäßigen Wasserdruck. Trotz Schäden im Zweiten Weltkrieg wurde die Versorgung stets schnell wiederhergestellt – die Wasserversorgung blieb für die Stadt von zentraler Bedeutung.
Dabei wurde eines besonders deutlich: Wasserversorgung ist nicht nur Technik – sie ist Gesellschaftsgeschichte. Sie erzählt von Industrialisierung und Hygiene, von politischem Wandel und Umweltbewusstsein, von Krisen, Fortschritt und Verantwortung.
Was bleibt
Der Vortrag war mehr als ein Rückblick. Er war eine Würdigung der unsichtbaren Systeme, die unser Leben tragen – und der Menschen, die sie gestalten. Waltraud Muß hat nicht nur Zahlen und Fakten geliefert, sondern Leidenschaft und Erfahrung spürbar gemacht. Sie hat gezeigt, wie sehr Wasser verbindet: Orte, Zeiten, Menschen.
Ein inspirierender Abend – mit Nachhall.
Kommentar schreiben